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Das hierin beschriebene innovative Konzept betrifft eine neuartige Vorrichtung zum Durchführen von elektrophysiologischen Messungen, beispielsweise zur Einzelmoleküldetektion an Membranproteinen.
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Membranproteine besitzen die Fähigkeit sich in Membranen anzulagern, wo sie einen Fluiddurchgang durch die Membran ermöglichen können. Ein in einer Membran integriertes Membranprotein bildet somit eine Art Pore mit einem Öffnungsquerschnitt im Bereich von wenigen Nanometern, weshalb diese Form von Membranproteinen auch als Nanoporen-bildende Membranproteine bezeichnet werden können.
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Derartige Nanoporen-bildende Membranproteine besitzen enormes Potential für die Entwicklung neuartiger diagnostischer Verfahren, sowie Wirk- und Impfstoffe in der personalisierten Medizin. Zahlreiche Erkrankungen des Nerven- und Herzkreislauf-Systems sowie Krebs stehen in Verbindung mit einer Fehlfunktion von Membranproteinen. Da die natürliche Funktion von Membranproteinen in lebenden Zellen der hochselektive Transport von Stoffen und Signalen ist, lassen sich diese beispielsweise als biosensorische Komponente zur Einzelmoleküldetektion einsetzen. Dazu wird die Änderung des elektrischen Widerstands an einem Nanoporen-bildenden Membranprotein gemessen, wenn ein einzelnes Molekül durch das Nanoporen-bildende Membranprotein hindurchtritt.
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Für solch eine elektrophysiologische Messung können die Nanoporen-bildenden Membranproteine beispielsweise in der Außenhülle (Lipidmembran) eines Vesikels verankert werden. Die technische Herausforderung bei der Messung von elektrischen Widerstandänderungen an einem Nanoporen-bildenden Membranprotein liegt jedoch darin, dass die Innen- und Außenseiten des Vesikels über zwei Elektroden elektrisch miteinander verbunden werden müssen. Idealerweise wird das Vesikel dabei von einer spitzen Nanopipette penetriert, ohne dabei seine mechanische Stabilität zu verlieren. Innerhalb der Nanopipette, oder an deren Rückseite, befindet sich eine Elektrode (z.B. Ag/AgCl). Eine zweite Ag/AgCl-Elektrode wird in der Pufferlösung (mit gelösten Ionen, z.B. Na+/K+, Cl-), in der sich das Vesikel befindet, platziert.
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Beim Anlegen einer Spannung zwischen beiden Elektroden fließt dann ein Ionenstrom durch die Nanoporen-bildenden Membranproteine. Um ein ausreichend hohes Signal-zu-Rausch-Verhältnis (SNR) bei der Messung des Ionenstroms (im pA-Bereich pro Nanopore) zu erhalten, muss die restliche Außenhülle des Vesikels einen unendlich großen Widerstand (~GOhm-Bereich) bilden.
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Dabei fließt durch ein geöffnetes Nanoporen-bildendes Membranprotein ein konstanter lonenstrom. Wenn sich nun Zielmoleküle durch das Nanoporen-bildende Membranprotein bewegen, dann kommt es zu einer temporären Blockade des Ionenstromflusses. Anhand der Amplitude und Dauer des Ionenstromabfalls können unterschiedliche Moleküle spezifisch registriert werden.
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Die oben erwähnte Nanopipetten-Methode entspricht der klassischen Patch-Clamp-Methode, wobei als Nanopipette eine Glaspipette mit Öffnungsdurchmessern im Bereich von 0,2 µm bis 2 µm zum Einsatz kommt. Die Patch-Clamp-Methode ist seit Jahrzenten etabliert, hat allerdings den großen Nachteil, dass mit nur einer einzelnen Glaspipette, die noch dazu manuell positioniert werden muss, gearbeitet wird. Insgesamt ist der Durchsatz dadurch extrem gering.
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Weiterentwicklungen der Patch-Clamp-Methode in Richtung höherer Durchsatz stellt u.a. das heutzutage hauptsächlich eingesetzte planare Patch-Clamp Verfahren dar. Anstatt einer Nanopipette kommt hierbei ein planarer Chip mit einer runden Öffnung bzw. Apertur zum Einsatz. Um die Vesikel mit den Nanoporen-bildenden Membranproteinen zu vermessen, wird zunächst eine weitere Lipidmembran als planare Schicht (Bilayer) über die Apertur gespannt, welche dadurch eine Barriere zwischen zwei Flüssigkeitsreservoirs mit jeweils einer Ag/AgCl-Elektrode bildet. Beim Kontakt der Vesikel mit der aufgespannten planaren Lipidmembran werden die Vesikel in die planare Lipidmembran einfusioniert. Wenn sich dann ein Nanoporen-bildendes Membranprotein zufällig über der Apertur eingebettet hat, kann anschließend ebenfalls die Änderung des elektrischen Widerstands über den Ionenstromfluss gemessen werden.
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Der Vorteil des planaren Patch-Clamp Verfahren gegenüber dem konventionellen Patch-Clamp Verfahren ist, dass der Chip mit mehreren Aperturen und Flüssigkeitsreservoirs versehen werden kann und damit einen höheren Durchsatz ermöglicht. Die Hauptprobleme, insbesondere bei der Messung von Vesikeln mit Nanoporen-bildenden Membranproteinen, sind die aufwändige Präparation und die mechanische Instabilität der planaren Lipidmembran, in die die Vesikel einfusioniert werden. Sind die Vesikel mit mehreren Nanoporen-bildenden Membranproteinen beladen, lagern sich viele davon in die planare Lipidmembran ein. Die planare Lipidmembran wird dadurch instabil und kollabiert.
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Die Konzentration an Nanoporen-bildenden Membranproteinen muss daher stark reduziert werden. Folglich können nur einzelne Nanoporen-bildende Membranproteine, die sich auch noch zufällig genau über der Apertur befinden müssen, zur Moleküldetektion genutzt werden. Dadurch wird auch das Signal-zu-Rausch-Verhältnis recht gering. Zudem ist die planare Lipidmembran lediglich über einen Zeitraum von einigen Stunden stabil. Für einen langzeitstabilen Einsatz sind planare Lipidmembranen daher ungeeignet.
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Der Ansatz des klassischen Nanopipetten-basierten Patch-Clamp Verfahrens hat also den zuvor erwähnten Nachteil des geringen Durchsatzes. Die alternative planare Lipid-Bilayer-Patch-Clamp Methode steigert zwar den Durchsatz. Diese Methode hat allerdings den Nachteil, dass eine instabile planare Lipidmembran bereitgestellt werden muss, d.h. die Vesikel können nicht direkt adressiert werden.
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Es wäre daher wünschenswert, bestehende Vorrichtungen und Verfahren zum Durchführen von elektrophysiologischen Messungen dahingehend zu verbessern, dass Vesikel mit integrierten Nanoporen-bildenden Membranproteinen direkt vermessen werden können, und dabei gleichzeitig der Durchsatz von zu vermessenden Vesikeln signifikant gesteigert werden kann.
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Dies kann ermöglicht werden mit einer Vorrichtung zum Durchführen von elektrophysiologischen Messungen sowie mit einem Verfahren zum Herstellen einer derartigen Vorrichtung gemäß den unabhängigen Ansprüchen. Weitere Ausführungsformen und vorteilhafte Aspekte dieser Vorrichtung sowie des entsprechenden Verfahrens sind in den jeweils abhängigen Patentansprüchen genannt.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung weist ein Substrat mit einer ersten Substratseite und einer gegenüberliegend angeordneten zweiten Substratseite auf. Auf der ersten Substratseite ist ein mikrostrukturiertes Nanopipetten-Array angeordnet, wobei das Nanopipetten-Array mehrere einzelne, von der Substratoberfläche abstehende, mikrostrukturierte hohle Nanopipetten aufweist. Die Vorrichtung ist in einen ersten flüssigkeitsführenden Bereich und in einen davon, mittels des Substrats, räumlich abgetrennten zweiten flüssigkeitsführenden Bereich unterteilt, wobei das Nanopipetten-Array eine Fluidverbindung zwischen dem ersten und dem zweiten flüssigkeitsführenden Bereich bildet.
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Mittels des bereitgestellten Arrays mit einer Vielzahl von einzelnen Nanopipetten, die allesamt jeweils dazu ausgestaltet sind, um Biomembrankörper zu durchstoßen, ermöglicht die erfindungsgemäße Vorrichtung eine parallelisierte elektrophysiologische Vermessung einer Vielzahl von Biomembrankörpern mit eingebetteten Nanoporen-bildenden Membranproteinen.
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Einige Ausführungsbeispiele sind exemplarisch in der Zeichnung dargestellt und werden nachstehend erläutert. Es zeigen:
- 1A eine schematische seitliche Schnittansicht eines Biomembrankörpers mit eingebetteten Nanoporen-bildenden Membranproteinen, wie er in einer erfindungsgemäßen Vorrichtung verwendbar ist,
- 1B eine schematische vergrößerte Teilansicht eines in einer Biomembran integrierten Nanoporen-bildenden Membranproteins,
- 2A schematische Ansichten zur Verdeutlichung des Moleküldurchgangs durch ein Nanoporen-bildendes Membranprotein und die dadurch erzeugte Änderung des messbaren Ionenstroms,
- 2B eine schematische Darstellung eines konventionellen Patch-Clamp Verfahrens,
- 2C eine schematische Darstellung eines konventionellen Lipid-Bilayer Patch-Clamp Verfahrens,
- 3 eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Vorrichtung mit einem Nanopipetten-Array,
- 4A eine lichtmikroskopische Aufnahme einer Vorderseite eines Substrats mit erfindungsgemäßem Nanopipetten-Array mit Fokus auf das Substrat,
- 4B eine vergrößerte lichtmikroskopische Aufnahme einer Vorderseite eines Substrats mit erfindungsgemäßem Nanopipetten-Array mit Fokus auf das Nanopipetten-Array,
- 5A eine REM-Aufnahme einzelner Nanopipetten eines erfindungsgemäßen Nanopipetten-Arrays,
- 5B eine weitere REM-Aufnahme einzelner Nanopipetten eines erfindungsgemäßen Nanopipetten-Arrays,
- 5C eine weitere REM-Aufnahme einzelner Nanopipetten eines erfindungsgemäßen Nanopipetten-Arrays, und
- 6 ein schematisches Blockdiagramm eines erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Im Folgenden werden Ausführungsbeispiele mit Bezug auf die Figuren näher beschrieben, wobei Elemente mit derselben oder ähnlichen Funktion mit denselben Bezugszeichen versehen sind.
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Verfahrensschritte, die im Rahmen der vorliegenden Offenbarung abgebildet bzw. beschrieben sind, können auch in einer anderen als der abgebildeten beziehungsweise beschriebenen Reihenfolge ausgeführt werden. Außerdem sind Verfahrensschritte, die ein bestimmtes Merkmal einer Vorrichtung betreffen mit ebendiesem Merkmal der Vorrichtung austauschbar, was ebenso anders herum gilt.
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Einführend soll zunächst ein kurzer Überblick über Membranproteine im Allgemeinen und deren Einbettung in Vesikeln gegeben werden. Anschließend werden derzeit gängige Verfahren, wie die Patch-Clamp Methode und die planare Lipid-Bilayer-Patch-Clamp Methode beschrieben, bevor im Anschluss daran die erfindungsgemäße Vorrichtung diskutiert wird.
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1A zeigt zunächst eine Querschnittsansicht eines Vesikels 100. Das Vesikel 100 kann im Wesentlichen rundlich bis oval bzw. kugelförmig ausgestaltet sein. Das Vesikel 100 weist eine Membran 110 auf. Die Membran 110 kann weitestgehend fluiddicht sein. Dementsprechend trennt die Membran 110 einen Innenraum 120 des Vesikels 100 von der außenseitigen Umgebung 130 des Vesikels 100 ab.
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In der Membran 110 können mehrere Nanoporen-bildende Membranproteine 140 integriert sein. Die Nanoporen-bildenden Membranproteine 140 ermöglichen einen Fluidfluss durch die ansonsten weitestgehend fluiddichte Membran 110, sodass ein Fluid zwischen dem Innenraum 120 und der außenseitigen Umgebung 130 des Vesikels 100 strömen kann. Der Fluidfluss kann dabei in beide Richtungen stattfinden.
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1B zeigt einen vergrößerten Ausschnitt der Membran 110 mit einem integrierten Nanoporen-bildenden Membranprotein 140. Der zuvor erwähnte Fluidfluss durch das Nanoporen-bildende Membranprotein 140 hindurch ist mit dem Pfeil 150 symbolisiert. Der Fluidfluss durch ein offenes Nanoporen-bildendes Membranprotein 140 erzeugt einen im Wesentlichen konstanten Ionenstrom im pA-Bereich. Dieser Ionenstrom kann mit entsprechend sensiblen Messvorrichtungen detektiert werden. Beispielsweise kann eine erste Elektrode (nicht dargestellt) mit dem Innenraum 120 des Vesikels in Kontakt stehen, und eine zweite Elektrode (nicht dargestellt) kann mit dem das Vesikel 100 umgebenden Außenbereich 130 in Kontakt stehen. Eine Potentialdifferenz zwischen dem Innenraum 120 und dem Außenbereich 130 führt dann zu dem messbaren Ionenstrom.
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Wie eingangs bereits erwähnt wurde, können die Vesikel genutzt werden, um elektrophysiologische Messungen bzw. Untersuchungen durchzuführen. Beispielsweise kann ein Vesikel 100 mit ein oder mehreren integrierten Nanoporen-bildenden Membranproteinen 140 zur Einzelmoleküldetektion verwendet werden.
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2A zeigt ein solches Beispiel. Links oben ist gezeigt, wie ein Molekül 150 eines ersten Typs (Molekül A) durch ein Nanoporen-bildendes Membranprotein 140 hindurch diffundiert. Rechts daneben ist gezeigt, wie ein Molekül 160 eines unterschiedlichen zweiten Typs (Molekül B) durch ein Nanoporen-bildendes Membranprotein 140 hindurch diffundiert. Wie zuvor erwähnt, fließt durch das jeweils geöffnete Nanoporen-bildende Membranprotein 140 ein im Wesentlichen konstanter Ionenstrom. Wenn sich nun die jeweiligen Moleküle 150, 160 durch das Nanoporen-bildende Membranprotein 140 hindurchbewegen, dann kommt es zu einer temporären Blockade des Ionenstromflusses.
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Dies ist in den beiden darunterliegenden Diagrammen gezeigt. Anhand der für jeden Molekültypen charakteristischen Amplitude (Abfall A, Abfall B) und der jeweiligen Dauer (Zeit A, Zeit B) des Ionenstromabfalls können die unterschiedlichen Moleküle 150, 160 spezifisch registriert werden.
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2B zeigt eine Apparatur zum Messen des Ionenstroms nach der bekannten Patch-Clamp Methode. Eine einzelne Pipette 170 wird durch die Membran 110 des Vesikels 100 gestoßen, sodass die Pipette 170 mit dem Innenraum 120 des Vesikels 100 in Kontakt ist. Eine, innerhalb der Pipette 170 angeordnete erste Elektrode 180 ist somit ebenfalls mit dem Innenraum 120 des Vesikels 100 in galvanischem Kontakt. Eine zweite Elektrode 190 ist im Außenbereich 130 des Vesikels 100 angeordnet und dementsprechend mit dem Außenbereich 130 in galvanischem Kontakt. Der zuvor erwähnte Ionenstromfluss kann mit den beiden Elektroden 180, 190 detektiert werden.
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Bei der in 2B gezeigten Patch-Clamp Methode kommt als Nanopipette 170 eine Glaspipette mit Öffnungsdurchmessern im Bereich von 0,2 µm bis 2 µm zum Einsatz. Die Patch-Clamp-Methode ist seit Jahrzenten etabliert, hat allerdings den großen Nachteil, dass mit nur einer einzelnen Glaspipette 170, die noch dazu manuell positioniert werden muss, gearbeitet wird. Insgesamt ist der Durchsatz dadurch extrem gering.
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2C zeigt eine Weiterentwicklung des Patch-Clamp Verfahrens. Hierbei handelt es sich um das sogenannte planare Lipid-Bilayer-Patch-Clamp Verfahren. Anstatt einer Nanopipette kommt hier ein planarer Chip 210 mit einer runden Öffnung bzw. Apertur 220 zum Einsatz. Um die Vesikel 100 mit den Nanoporen-bildenden Membranproteinen 140 zu vermessen, wird zunächst eine zusätzliche Lipidmembran 200 als planare Schicht (Bilayer) über die Apertur 220 gespannt, welche dadurch eine Barriere zwischen zwei Flüssigkeitsreservoirs mit jeweils einer Elektrode 180, 190 bildet. Beim Kontakt des Vesikels 100 mit der aufgespannten planaren Lipidmembran 200 wird das Vesikel 100 in die planare Lipidmembran 200 einfusioniert (siehe 2C, linke Seite). Wenn sich dann ein Nanoporen-bildendes Membranprotein 140 zufällig über der Apertur 220 eingebettet hat, kann anschließend ebenfalls die Änderung des elektrischen Widerstands über den Ionenstromfluss gemessen werden.
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Sind die Vesikel 100 mit mehreren Nanoporen-bildenden Membranproteinen 140 beladen, lagern sich viele davon in die planare Lipidmembran 200 ein. Die planare Lipidmembran 200 wird dadurch instabil und kollabiert. Zudem ist die planare Lipidmembran lediglich über einen Zeitraum von einigen Stunden stabil.
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Der Ansatz des klassischen Nanopipetten-basierten Patch-Clamp Verfahrens (2B) hat also den Nachteil des geringen Durchsatzes. Die alternative planare Lipid-Bilayer-Patch-Clamp Methode (2C) steigert zwar den Durchsatz. Diese Methode hat allerdings den Nachteil, dass eine instabile planare Lipidmembran 200 bereitgestellt werden muss, d.h. die Vesikel 100 können nicht direkt adressiert werden.
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3 zeigt eine erfindungsgemäße Vorrichtung 300, mit der die soeben erwähnten Nachteile herkömmlicher Vorrichtungen und entsprechender Verfahren beseitigt werden können. Die Erfindung wird nachfolgend ebenfalls am Beispiel von Vesikeln 100 beschrieben. Die erfindungsgemäße Vorrichtung 300 ist jedoch prinzipiell dazu geeignet, um neben den bisher erwähnten Membranen 110 von Vesikeln 100 auch andere Biomembranen bzw. Biomembrankörper zu durchstoßen.
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Eine Biomembran 110 im Allgemeinen ist eine Trennschicht, die ein Zellkompartiment umgibt oder als Zellmembran den Innenraum einer Zelle vom Außenraum abgrenzt. Innerhalb der Zelle trennen unterschiedlich aufgebaute Biomembranen 110 das Innere von Organellen oder Vakuolen vom Cytoplasma. Eine Biomembran 110 hat durch Membrankomponenten eine aktive Rolle beim selektiven Transport von Molekülen und der Übermittlung von Informationen zwischen den beiden Kompartimenten, zwischen denen sich diese Biomembran 110 befindet.
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Eine Biomembran 110 ist stets topologisch geschlossen und umschließt einen Raum. Nicht in sich geschlossene Biomembranen 110 kommen in intakten Zellen nicht vor. Biomembranen 110 sind außerdem asymmetrisch, d.h. sie haben eine dem Cytoplasma zugewandte plasmatische Seite und eine dem Cytoplasma abgewandte extraplasmatische Seite.
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Biomembranen 110 bestehen aus Lipiden und Proteinen. An die Proteine können Kohlenhydratketten geknüpft sein. Der Lipidanteil bildet als Lipiddoppelschicht die Grundsubstanz der Biomembran 110 und ist für ihre besonderen physiochemischen Eigenschaften verantwortlich. Insbesondere wirkt diese Doppelschicht als passive Trennschicht. Darüber hinaus sind auf und innerhalb einer Biomembran 110 Proteine verteilt, welche die aktiven Funktionen der Biomembran 110 übernehmen. Die Proteine haben nur eine sehr geringe Stützfunktion der Biomembran 110, da sie durch die Lipidschichten schwimmen.
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Da die Biomembran 110 vor allem eine Trennschicht zwischen verschiedenen Bereichen darstellt, ist sie für die meisten Moleküle undurchlässig. Kleinere lipophile Moleküle können frei durch die Lipiddoppelschicht der Biomembran 110 diffundieren, wie zum Beispiel Kohlendioxid, Alkohole und Harnstoff. Um die Durchlässigkeit der Biomembran 110 für lipophobe Teilchen wie Wasser, oder große Teilchen wie Ionen oder Zuckermoleküle zu ermöglichen, sind in die Biomembran 110 verschiedene Transportproteine eingelagert, die für den Transport bestimmter Stoffe zuständig sind. Deshalb spricht man von selektiver Permeabilität. Diese Transportproteine bilden sozusagen eine Pore, durch die die lipophoben Teilchen hindurch diffundieren können, weshalb diese Proteine im Rahmen der vorliegenden Offenbarung auch als Nanoporen-bildende Membranproteine 140 bezeichnet werden.
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Die Anmelderin hat in den letzten Jahren erfolgreich ein Verfahren entwickelt, mit dem Nanoporen-bildende Membranproteine 140 hocheffizient und ressourcenschonend in einem zellfreien Verfahren, d.h. ohne den Einsatz von Zellkulturen, gewonnen werden können. Dabei werden die Proteine 140 in kleinen Kompartimenten, wie z.B. den zuvor beschriebenen Vesikeln 100, synthetisiert und in deren Außenhülle (Lipidmembran) verankert. Für die Nanoporen-bildenden Membranproteine 140 bilden die Vesikel 100 ein stabiles, natürliches System, da die Lipidmembran 110 des Vesikels 100 im Wesentlichen der Außenhülle von lebenden Zellen entspricht.
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Der Nachweis von aus zellfreier Proteinsynthese hergestellten Vesikeln 100 kann anhand der spezifischen Lipidzusammensetzung und der Partikelgröße erbracht werden. Die Vesikel setzen sich zu 75% aus Phosphatidylcholin, zu 14% aus Phosphatidylethanolamin (PE) und 8% Triacylglyceriden zusammen. Mit weniger als 2% Anteilen sind Lyso-Phosphatidylcholin, Plasmalogen, Phosphatidylinositol, freie Fettsäuren, Lyso-Phosphatidylethanolamine, Plasmalogen PE und Phosphatidylglycerol in der Vesikelzusammensetzung zu finden.
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In Anbetracht der obigen Ausführungen wird also klar, dass die erfindungsgemäße Vorrichtung 300 dazu ausgestaltet ist, um Biomembrankörper 100 im Allgemeinen zu untersuchen. Die hierin beschriebenen Vesikel sind dabei lediglich als ein nicht-limitierendes Beispiel eines Biomembrankörpers 100 zu verstehen, anhand dessen konkrete Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Vorrichtung 300 unter Bezugnahme auf die Figuren beispielhaft beschrieben werden sollen.
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3 zeigt ein solches Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Vorrichtung 300 zum Durchführen von elektrophysiologischen Messungen. Die Vorrichtung 300 weist unter anderem ein Substrat 310 mit einer ersten Substratseite 311 und einer gegenüberliegend angeordneten zweiten Substratseite 312 auf.
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Auf der ersten Substratseite 311 ist ein mikrostrukturiertes Nanopipetten-Array 320 angeordnet. Das Nanopipetten-Array 320 weist mehrere, von der Substratoberfläche 313 abstehende, mikrostrukturierte hohle Nanopipetten 321, 322, 323 auf.
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Die Vorrichtung 300 ist in einen ersten flüssigkeitsführenden Bereich 330 und in einen davon, mittels des Substrats 310, räumlich getrennten zweiten flüssigkeitsführenden Bereich 340 unterteilt. Wie zu erkennen ist, befindet sich der erste flüssigkeitsführende Bereich 330 auf der ersten Substratseite 311, während sich der zweite flüssigkeitsführende Bereich 340 auf der gegenüberliegenden zweiten Substratseite 312 befindet. Dabei bildet das Nanopipetten-Array 320 eine Fluidverbindung zwischen dem ersten und dem zweiten flüssigkeitsführenden Bereich 330, 340.
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Die einzelnen Nanopipetten 321, 322, 323 des Nanopipetten-Arrays 320 sind ausgestaltet, um zum Zwecke einer elektrophysiologischen Messung einen, eine Biomembran 110 aufweisenden, Biomembrankörper 100, wie z.B. die hier beispielhaft abgebildeten Vesikel, zu durchstoßen, sodass der durchstoßene Biomembrankörper 100 an der Außenseite der jeweiligen Nanopipette 321, 322, 323 anhaftet und die jeweilige Nanopipette 321, 322, 323 umgibt. Der jeweilige Biomembrankörper 100 dichtet dabei die jeweilige Nanopipette 321, 322, 323 weitestgehend fluiddicht ab. Unter einer fluiddichten Abdichtung ist zu verstehen, dass, auf makroskopischer Ebene betrachtet, kein Fluidaustausch durch die Biomembran 110 des Biomembrankörpers 100 stattfindet.
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Auf mikroskopischer Ebene kann, z.B. im Falle einer semipermeablen Membran, noch eine minimale Verbindung durch die Poren der semipermeablen Membran bestehen, wobei bestimmte mikroskopische Substanzen im Fluid, wie z.B. Ionen oder gelöste Moleküle (Biosensortargetmoleküle), beim Anliegen einer externen elektrischen Spannung oder eines Konzentrationsgradienten durch diese Poren hindurchfließen können. Dies ist jedoch nicht mehr unter der oben genannten fluiddichten Abdichtung zu subsummieren.
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Sofern also ein Biomembrankörper 100 von einer Nanopipette 321, 322, 323 durchstoßen wird, trennt der Biomembrankörper 100 den ersten flüssigkeitsführenden Bereich 330 zunächst räumlich vom zweiten flüssigkeitsführenden Bereich 340 ab. Der erste flüssigkeitsführende Bereich 330 befindet sich dabei außerhalb, d.h. in der äußeren Umgebung, des Biomembrankörpers 100. Der zweite flüssigkeitsführende Bereich 340 hingegen ist, mittels der jeweiligen Nanopipette 321, 322, 323, mit dem Innenraum des jeweiligen Biomembrankörpers 100 fluidisch verbunden, d.h. ein Fluid kann durch eine jeweilige Nanopipette 321, 322, 323 hindurch strömen und dadurch den Innenraum des Biomembrankörpers 100 und den zweiten flüssigkeitsführenden Bereich 340 fluidisch miteinander verbinden. In 3 ist dies beispielhaft anhand des Pfeils 350 symbolisiert.
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Der Biomembrankörper 100 kann den ersten flüssigkeitsführenden Bereich 330 und den zweiten flüssigkeitsführenden Bereich 340 elektrisch voneinander isolieren. Im Rahmen der vorliegenden Offenbarung ist hierunter zu verstehen, dass der Biomembrankörper 100 einen sehr hohen elektrischen Widerstand (z.B. im Giga-Ohm-Bereich) aufweisen kann.
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Ohne eine extern angelegte elektrische Spannung sorgt dieser, theoretisch gegen unendlich strebende, elektrische Widerstand dafür, dass der erste flüssigkeitsführende Bereich 330 und der zweite flüssigkeitsführende Bereich 340 als elektrisch voneinander isoliert zu betrachten sind.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung 300 kann eine mit dem ersten flüssigkeitsführenden Bereich 330 in Kontakt stehende erste Elektrode 180 sowie eine mit dem zweiten flüssigkeitsführenden Bereich 340 in Kontakt stehende zweite Elektrode 190 aufweisen. Die beiden Elektroden 180, 190 (z.B. Ag/AgCl Elektroden) können ausgestaltet sein, um eine Potentialdifferenz zwischen dem ersten und dem zweiten flüssigkeitsführenden Bereich 330, 340 zu erzeugen. Beispielsweise stellt sich beim Anlegen einer elektrischen Spannung zwischen den beiden Elektroden 180, 190 ein im Wesentlichen konstanter Ionenstrom durch die offenen Nanoporen-bildenden Membranproteine 140 ein. Dies wiederum führt zu einem messbaren elektrischen Strom I.
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Wie in 3 zu sehen ist, können die Biomembrankörper 100 jeweils ein oder mehrere Nanoporen-bildende Membranproteine 140 aufweisen. Wie eingangs unter Bezugnahme auf 2A bereits erwähnt wurde, können einzelne Moleküle 160 durch ein offenes Nanoporen-bildendes Membranprotein 140 hindurch diffundieren, wodurch sich der ansonsten konstante Ionenstrom kurzzeitig ändert. Dies kann beispielsweise durch eine Änderung des elektrischen Widerstands im Nanoporen-bildenden Membranprotein 140 bedingt sein. Dadurch ändert sich beispielsweise die Amplitude des Ionenstroms für eine bestimmte Zeitspanne. Beispielsweise sinkt die Amplitude des Ionenstroms für eine bestimmte Zeitspanne. Die Änderung der Amplitude des Ionenstroms, sowie die Zeitspanne während der sich die Amplitude des Ionenstroms ändert, können charakteristisch für die Moleküle 160 sein. Das heißt, anhand des Ionenstroms bzw. dessen Änderung kann beispielsweise die Art bzw. der Typ des Moleküls 160 bestimmt werden. Beispielsweise kann hierüber eine Einzelmoleküldetektion erfolgen.
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Durch das Anlegen einer elektrischen Spannung zwischen den beiden Elektroden 180, 190, wobei die erste Elektrode 180 im ersten flüssigkeitsführenden Bereich 330 zur Außenseite des Biomembrankörpers 100 gerichtet ist und die zweite Elektrode 190 im zweiten flüssigkeitsführenden Bereich 340 auf der zweiten Substratseite 312 zum Innenraum des Biomembrankörpers 100 gerichtet ist, lassen sich demnach also die Ionenströme durch die Nanoporen-bildenden Membranproteine 140 elektrisch messen. Damit können die Nanoporen-bildenden Membranproteine 140 im stabilen Zustand im Biomembrankörper 100 zur Moleküldetektion eingesetzt werden.
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Ausführungsbeispiele sehen daher vor, dass die Vorrichtung 300 ausgestaltet sein kann, um mittels der ersten und zweiten Elektrode 180, 190 einen durch ein Nanoporen-bildendes Membranprotein 140 fließenden Ionenstrom zu ermitteln und basierend darauf eine Einzelmoleküldetektion durchzuführen. Alternativ oder zusätzlich wäre es denkbar, dass die Vorrichtung 300 ausgestaltet ist, um Konzentrationsmessungen durchzuführen, indem der lonenstrom für einen bestimmten Zeitraum gemessen wird, und die dabei detektierte Signalstärke mit der Ionenkonzentration in Relation gesetzt wird. Daneben sind noch viele weitere Anwendungen möglich - insbesondere durch Kombinationen aus elektrischer Messung und fluidischer Injektion/Extraktion von Substanzen.
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Eine Vielzahl von Biomembrankörpern 100 mit integrierten Nanoporen-bildenden Membranproteinen 140 können direkt auf die das Nanopipetten-Array 320 aufweisende erste Substratseite 311 gegeben werden. Durch einen leichten Unterdruck über den fluidischen Kontakt zur unteren zweiten Substratseite 312 (bzw. zum zweiten flüssigkeitsführenden Bereich 340) werden die Biomembrankörper 100 von den Nanopipetten 321, 322, 323 angezogen und schließlich mechanisch penetriert. Dabei entsteht ein fluidischer Kontakt zwischen dem Innenraum des jeweiligen penetrierten Biomembrankörpers 100 und dem Innenraum der Nanopipetten 321, 322, 323, und damit mit dem zweiten flüssigkeitsführenden Bereich 340 auf der zweiten Substratseite 312.
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Bei den hier beispielhaft abgebildeten Biomembrankörpern 100 kann es sich dabei um, insbesondere mittels zellfreier Proteinsynthese erzeugte, Vesikel handeln. Die Nanoporen-bildenden Membranproteine 140 können mittels zellfreier Proteinsynthese in eukaryotischen Systemen hergestellt werden. Diese Systeme ermöglichen eine Einbettung der Nanoporen-bildenden Membranproteine 140 in natürliche vesikuläre Strukturen des Endoplasmatischen Retikulums (ER) (z.B. der oben beschriebenen Vesikel 100). Bei den Biomembrankörpern 100 kann es sich aber auch um eine beliebige biologische Zelle handeln. Anstelle der zuvor beispielhaft beschriebenen Moleküle 160, kann es sich beispielsweise auch um Proteine, Peptide oder Ionen handeln, die auf die hierin beschriebene Art und Weise durch die Nanoporen-bildenden Proteine 140 hindurch diffundieren, und in der hierin beschriebenen Art und Weise von der erfindungsgemäßen Vorrichtung 300 detektiert werden können.
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Wie des Weiteren in 3 zu sehen ist, kann das Substrat 310 auf der ersten Substratseite 311 eine freistehende fluiddurchlässige Membranstruktur 360 aufweisen. Die Membranstruktur 360 kann beispielsweise erzeugt werden, indem das Substrat 310 von der zweiten Substratseite 312 beginnend in Richtung der ersten Substratseite 311 strukturiert wird.
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Hierfür können Tiefenätzverfahren eingesetzt werden. Dadurch kann eine vertikale Kanalstruktur oder Kavität 370 im Substrat 310 erzeugt werden. Die vertikale Kanalstruktur bzw. Kavität 370 kann dabei den zweiten flüssigkeitsführenden Bereich 340, oder zumindest einen Teil des zweiten flüssigkeitsführenden Bereichs 340, bilden.
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Das vorgenannte, von der zweiten Substratseite 312 ausgehende, Strukturieren des Substrats 310 kann dabei bis kurz vor Erreichen der gegenüberliegenden ersten Substratseite 311 erfolgen. Dadurch bleibt zwischen der dabei erzeugten Kavität 370 und der ersten Substratseite 311 eine dünne Lage aus Substratmaterial bestehen, welche die zuvor erwähnte freistehende Membranstruktur 360 bildet.
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Alternativ kann, vor dem Strukturieren der vertikalen Kanalstruktur bzw. Kavität 370, ein geeignetes Membranmaterial in Form einer dünnen Membranschicht auf der, auf der ersten Substratseite 311 gelegenen, Substratoberfläche 313 abgeschieden werden. Anschließend kann das Substrat 310 von der zweiten Substratseite 312 beginnend in Richtung der ersten Substratseite 311 strukturiert werden, und zwar bis zum Erreichen der zuvor abgeschiedenen Membranschicht. Auch hier können Tiefenätzverfahren für das Erzeugen der Kavität 370 zum Einsatz kommen. In diesem Falle bestünde die freistehende Membranstruktur 360 dementsprechend aus dem zuvor abgeschiedenen Membranmaterial, welches sich von dem Substratmaterial unterscheiden kann.
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Die Membranstruktur 360 kann an Stellen, an denen sich einzelne Nanopipetten 321, 322, 323 befinden, jeweils eine Öffnung aufweisen. Das heißt, gegenüberliegend von den einzelnen Nanopipetten 321, 322, 323 kann die Membranstruktur 360 jeweils eine Öffnung aufweisen, sodass die im zweiten flüssigkeitsführenden Bereich 340 enthaltene Flüssigkeit durch diese Öffnung in die jeweilige Nanopipette 321, 322, 323 einströmen kann. Dadurch kann ein fluidischer Kontakt zwischen dem zweiten flüssigkeitsführenden Bereich 340 und dem ersten flüssigkeitsführenden Bereich 330 hergestellt werden. Sofern sich ein Biomembrankörper 100 auf einer Nanopipette 321, 322, 323 befindet, so kann ein fluidischer Kontakt zwischen dem zweiten flüssigkeitsführenden Bereich 340 und dem Innenraum des jeweiligen Biomembrankörpers 100 hergestellt werden.
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Die einzelnen Nanopipetten 321, 322, 323 des Nanopipetten-Arrays 320 können beispielsweise mittels Atomlagenabscheidung (ALD) auf der ersten Substratseite 311 erzeugt werden. Das Erzeugen der einzelnen Nanopipetten 321, 322, 323 kann zeitlich vor oder nach dem Erzeugen der Membranstruktur 360 erfolgen. In jedem Fall sind die einzelnen Nanopipetten 321, 322, 323 fest (z.B. materialschlüssig) mit der Membranstruktur 360 verbunden.
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Die Nanopipetten 321, 322, 323 können aus dielektrischem Material bestehen, oder zumindest ein dielektrisches Material aufweisen. Dies kann beispielsweise mittels Abscheidung von dielektrischem Material unter Anwendung eines ALD-Prozesses geschehen. Ferner ist es denkbar, dass die einzelnen Nanopipetten 321, 322, 323 des Nanopipetten-Arrays 320 mit einem biokompatiblen, elektrisch isolierenden Material beschichtet sind, welches ebenfalls mittels ALD-Verfahren abgeschieden werden kann.
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4A zeigt eine, mit einem Fluoreszenzmikroskop aufgenommene, lichtmikroskopische Aufnahme der ersten Substratseite 311 mit Fokus auf die Oberfläche der ersten Substratseite 311. Hier sind zwei Öffnungen zu erkennen. Hierbei handelt es sich jeweils um eine der zuvor beschriebenen Membranstrukturen 360 mit den darunterliegenden vertikalen Kanalstrukturen bzw. Kavitäten 370.
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4B zeigt eine vergrößerte lichtmikroskopische Aufnahme der ersten Substratseite 311, diesmal jedoch mit Fokus auf die zuvor beschriebene Membranstruktur 360 mit dem daran fixierten Nanopipetten-Array 320. Die erkennbaren einzelnen Öffnungen sind die einzelnen Nanopipetten des Nanopipetten-Arrays 320.
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Erfindungsgemäß kann das Substrat 310 mehrere Membranstrukturen 360 mit jeweils mehreren der zuvor beschriebenen Nanopipetten-Arrays 320 sowie mehrere Kavitäten 370 aufweisen. Jede Kavität 370 kann dabei fluidisch mit jeweils einem Nanopipetten-Array 320 in Kontakt sein. Außerdem kann jede Kavität 370 fluidisch mit dem zuvor erwähnten zweiten flüssigkeitsführenden Bereich 340 (3) in Kontakt sein und somit einen Teil des zweiten flüssigkeitsführenden Bereichs 340 bilden.
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5A zeigt eine Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme (REM) eines Ausschnitts eines erfindungsgemäßen Nanopipetten-Arrays mit den einzelnen Nanopipetten 321, 322, 323. Die einzelnen Nanopipetten 321, 322, 323 können eine Höhe zwischen 10 nm und 10 µm aufweisen. Die einzelnen Nanopipetten 321, 322, 323 können außerdem einen Innendurchmesser von 100 nm bis 100 µm aufweisen. Ferner können die einzelnen Nanopipetten 321, 322, 323 eine Wandstärke von 5 nm bis 2 µm aufweisen.
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5B zeigt eine weitere REM-Aufnahme (Seitenansicht) von gefertigten Nanopipetten 321, 322, 323 auf einem Substrat 310. 5C zeigt eine REM-Aufnahme eines vergrößerten Ausschnitts einzelner Nanopipetten 321, 322, 323 mit einem FIB-Schnitt in die darunterliegende Kavität 370. Außerdem ist die zuvor beschriebene freistehende Membranstruktur 360 zu erkennen, in der die Nanopipetten 321, 322, 323 (z.B. stoffschlüssig) verankert sind.
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Das im Rahmen der vorliegenden Erfindung verwendbare Substrat 310 kann in Form eines Glassubstrats oder in Form eines Halbleitersubstrats, wie z.B. eines Siliziumsubstrats, ausgestaltet sein. Somit kann die erfindungsgemäße Vorrichtung 300 in Form eines miniaturisierten Sensor-Chips unter Anwendung etablierter Herstellungsverfahren in der Halbleiterindustrie erzeugt werden.
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Das Substrat 310 kann optional eine integrierte CMOS-Ausleseschaltung aufweisen. Bei dem zur Herstellung des erfindungsgemäßen Nanopipetten-Arrays 320 einsetzbaren Verfahren können alle Prozessschritte und -parameter kompatibel mit der CMOS-Technologie sein, was eine Integration der fluidisch angeschlossenen Nanopipetten 321, 322, 323 auf Wafersubstraten mit CMOS-Ausleseschaltungen erlaubt. Das Verfahren zur Sensorchip-Herstellung ist durch den mikrosystemtechnischen Prozess auf Waferebene sowohl leicht skalierbar als auch präzise reproduzierbar.
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6 zeigt ein schematisches Bockdiagramm eines erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens 600 zum Herstellen einer erfindungsgemäßen Vorrichtung 300 zum Durchführen von elektrophysiologischen Messungen. Parallel wird auf 3 und die darin verwendeten Bezugszeichen verwiesen. Die Verfahrensschritte können prinzipiell auch in einer anderen als der hierin beispielhaft angegebenen Reihenfolge ausgeführt werden.
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In Block 601 wird zunächst ein Substrat 310 mit einer ersten Substratseite 311 und einer gegenüberliegend angeordneten zweiten Substratseite 312 bereitgestellt.
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In Block 602 wird eine Kavität 370 mittels reaktivem Ionentiefenätzen erzeugt, wobei von der zweiten Substratseite 312 beginnend bis kurz vor die gegenüberliegende erste Substratseite 311 geätzt wird, sodass eine dünne Substratschicht verbleibt, die eine fluiddurchlässige Membranstruktur 360 bildet.
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In Block 603 wird, unter Anwendung von Mikrostrukturierungstechniken, ein Nanopipetten-Array 320 mit mehreren, von der Substratoberfläche abstehenden, mikrostrukturierten hohlen Nanopipetten 321, 322, 323 erzeugt, wobei die einzelnen Nanopipetten 321, 322, 323 des Nanopipetten-Arrays 320 unter Anwendung eines ALD-Verfahrens erzeugt und an der Membranstruktur 360 befestigt werden.
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Die in Block 602 und 603 beschriebenen Verfahrensschritte können in der angegebenen Reihenfolge, d.h. zuerst Schritt 602 und danach Schritt 603, oder aber auch in der umgekehrten Reihenfolge, d.h. zuerst Schritt 603 und danach Schritt 602, ausgeführt werden.
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In Block 604 wird das Substrat 310 derart angeordnet, dass die Vorrichtung 300 in einen ersten flüssigkeitsführenden Bereich 330 und in einen davon, mittels des Substrats 310, räumlich getrennten zweiten flüssigkeitsführenden Bereich 340 unterteilt wird. Somit kann das Nanopipetten-Array 320 eine Fluidverbindung zwischen dem ersten und dem zweiten flüssigkeitsführenden Bereich 330, 340 herstellen.
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Nachfolgend soll die vorliegende Erfindung nochmals in anderen Worten zusammenfassend erläutert werden:
- Die Erfindung betrifft einen Nanopipetten-Array-Chip 300 zur elektrophysiologischen Messung von Nanoporen-bildenden Membranproteinen 140 in Vesikeln 100. Der erfindungsgemäßen Vorrichtung 300 liegt dabei ein Sensorverfahren zugrunde, welches ein Sensorelement aufweist, welches auf Nanopipetten 321, 322, 323 mit rückseitiger Kavität 370 beruht.
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Der hier beschriebene Lösungsweg beschreibt die Herstellung eines Sensorchips 300, der die Funktionalität des klassischen Nanopipetten-basierten Patch-Clamp mit dem Hochdurchsatz-Ansatz des planaren Patch-Clamp Verfahrens kombiniert. Der Sensorchip 300 mit einem Array 320 von Nanopipetten 321, 322, 323 ermöglicht die parallele Kontaktierung und elektrophysiologische Messung von Vesikeln 100 mit eingebetteten Nanoporen-bildenden Membranproteinen 140.
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Der Sensorchip 300 kann unter Anwendung von mikrosystemtechnischen Verfahren auf Halbleiter-Wafern 310, wie z.B. Silizium-Wafern, hergestellt werden. Zur mechanischen Kontaktierung der Vesikel 100 können, beispielsweise mittels Atomlagenabscheidung (ALD), Nanopipetten 321, 322, 323 aus dielektrischem Material in einem definierten Array 320 erzeugt werden. Die Anzahl und Anordnung der Nanopipetten 321, 322, 323 im Array 320 sind durch den lithographischen Prozess relativ frei einstellbar.
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Die Nanopipetten 321, 322, 323 können eine Höhe von ~2 µm bei einem Innendurchmesser von ∼500 nm und einer Wandstärke von ∼50 nm aufweisen. Die Rückseite 312 des Sensorchips 300 kann, z.B. unter Anwendung von Tiefenätzverfahren, derart strukturiert werden, dass eine freistehende Membran 360 entsteht, in der die Nanopipetten 321, 322, 323 verankert sind.
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Im Ergebnis kann über das Nanopipetten-Array 320 ein fluidischer Kontakt zwischen beiden Chipseiten 311, 312 und somit zwischen zwei Flüssigkeitsreservoirs 330, 340 hergestellt werden. Eine optionale finale, biokompatible ALD-Verkapselung des Sensorchips 300 dient der elektrischen Isolierung zur Verminderung parasitärer Ströme über die Nadelgeometrie und den Trägerchip 310.
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Im Gegensatz zu bisherigen Lösungen erlaubt das hier vorgestellte Verfahren die parallele elektrophysiologische Messung von Nanoporen-bildenden Membranproteinen 140 in stabilen Vesikeln 100. Dadurch wird erstmalig der enorme Vorteil der kostengünstigen und hocheffizienten zellfreien Proteinsynthese in Vesikeln 100 für biosensorische Anwendungen nutzbar. Durch die direkte Adressierung der mechanisch intakten Vesikel 100 wird zum einen ein hohes Signal-Rausch-Verhältnis sichergestellt, da die Vesikel-Außenhülle mit der Nanopipette 321, 322, 323 einen sehr großen ohmschen Widerstand bildet und somit die kleinen Ionenströme durch die Nanoporen 140 nicht im Rauschen untergehen. Zum anderen ist durch die Vesikel 100 eine hohe Langzeitstabilität der Proteine 140 sichergestellt.
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Aus prozesstechnischer Sicht ermöglicht das beschriebene Verfahren zur Herstellung der Nanopipetten 321, 322, 323 mit fluidischem Anschluss eine flexible und präzise Anpassung der Durchmesser, Höhe, Wandstärke, Anzahl, Position und Materialien der Membranen 360 und der darin eingebetteten Nanopipetten 321, 322, 323.
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Die vorgestellte Vorrichtung 300 kann vielfältig in der Bio- und Medizintechnik eingesetzt werden. Unter anderem kann die Vorrichtung 300 für elektrophysiologische Messungen von Membranproteinen 140 verwendet werden. Neben der Analyse der Membranproteine 140 und der Entwicklung von Nanoporen ermöglicht dies auch eine präzise (Einzel-)Moleküldetektion (z.B. für die Umweltanalytik) sowie eine günstige, skalierbare und schnelle DNA-Sequenzierung. Durch den direkten fluidischen Zugang können weiterhin Substanzen durch die Nanopipetten 321, 322, 323 in die Vesikel 100 injiziert oder extrahiert werden. Die Kombination der elektrophysiologischen Messungen mit dem fluidischen Zugang kann zur Entwicklung neuer Wirk- und Impfstoffe für die personalisierte Medizin beitragen. Der Sensorchip 300 kann auch in Kombination mit lebenden Zellen eingesetzt werden, was weitere Anwendungsmöglichkeiten eröffnet.
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Die Vorrichtung 300 bildet ein System mit ein oder mehreren Nanopipetten 321, 322, 323, wobei jede Nanopipette 321, 322, 323, oder ein Array 320 mit mehreren Nanopipetten 321, 322, 323, mit einem Loch oder einer Apertur verbunden ist, um ein oberes (an die Nanopipetten 321, 322, 323 angrenzendes) Kompartiment / Reservoir 330 und ein unteres (an die Apertur angrenzendes) Kompartiment / Reservoir 340 fluidisch und elektrisch miteinander zu verbinden. Während die Aperturen unversiegelt sind, ist zumindest eine Nanopipette 321, 322, 323 mittels einer Biomembran 110, wie z.B. von einem Vesikel 100, versiegelt. Eine elektrische Spannungsquelle, die an eine Elektrode 190 innerhalb des unteren Kompartiments / Reservoirs 340 sowie an eine Elektrode 180 innerhalb des oberen Kompartiments / Reservoirs 330 angeschlossen ist, ermöglicht das Anlegen einer Spannung zwischen den beiden Kompartiments / Reservoirs 330, 340, was zu einem Stromfluss zwischen den Biomembrankörpern 100 und den Nanopipetten 321, 322, 323 führt.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung 300 weist dabei, unter anderem, die folgenden Vorteile auf:
- • Die Nanopipetten 321, 322, 323 bzw. das Array 320 von Nanopipetten ist in Mikrosystemtechnik gefertigt, und kompatibel mit post-CMOS Prozessierung
- • Das Erfindungsgemäße Verfahren zum Herstellen der Nanopipetten 321, 322, 323 erlaubt eine anschließende Integration auf einem Halbleiterwafer mit integrierter CMOS-Schaltung
- • Die Nanopipetten 321, 322, 323 weisen ein oder mehrere biokompatible Materialien auf, die mittels ALD abgeschieden werden können (z.B. TiO2, Ta2O5, Al2O3, HfOx, Ru)
- • Die Nanopipetten 321, 322, 323 können auf Silizium- oder Glaswafern 310 unter Anwendung von Mikrostrukturierungstechniken erzeugt werden
- • Die Nanopipetten 321, 322, 323 können mittels Opferschicht-basierten Verfahren hergestellt werden
- • Die Kavitäten / Aperturen / Kanalstrukturen 370 unterhalb der Nanopipetten 321, 322, 323 können mittels DRIE-Ätzen hergestellt werden (DRIE: Deep Reactive Ion Etching)
- • Die Nanopipetten 321, 322, 323 können in einer dünnen Membranstruktur 360 integriert / verankert sein
- • Die Membranstruktur 360 kann ein oder mehrere Materialien aufweisen, die mittels PVD-, CVD- oder ALD-Verfahren abgeschieden werden können
- • Die Membranstruktur 360 kann eine Dicke zwischen 100 nm und 5 µm aufweisen
- • Die Nanopipetten 321, 322, 323 können Abmessungen aufweisen, wobei a) eine Höhe zwischen 10 nm und 10 µm liegen kann, wobei b) ein Innendurchmesser lediglich durch die räumliche Auflösung der angewendeten Photolithographie beschränkt ist, und wobei c) eine Wandstärke zwischen 5 nm und 2 µm variieren kann
- • Die Anzahl und Anordnung der Nanopipetten 321, 322, 323 sowie der Aperturen / Kanalstrukturen kann durch die Photolithographie-Maske definiert sein
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Ferner ist hierin ein Verfahren zur zellfreien Synthese von Nanoporen beschrieben, basierend auf Vesikeln 100 unter Einsatz eines eukaryotischen zellfreien Systems, und zum Kontaktieren der Vesikel 100 mit den hierin beschriebenen Nanopipetten 321, 322, 323, um einen elektrischen Widerstand der Nanoporen-bildenden Membranproteinen 140 zu bestimmen.
- • Die Nanoporen-bildenden Membranproteine 140 können in mikrosomalen Vesikeln 100 eingebettet sein, welche aus dem endoplasmatischen Retikulum stammen
- • Dabei kann es sich um mikrosomale Vesikel 100 handeln, die geeignet sind, um von den hierin beschriebenen Nanopipetten 321, 322, 323 zerstörungsfrei penetriert zu werden
- • Es kann eine Einzelmoleküldetektion unter Verwendung der Nanopipetten 321, 322, 323 durchgeführt werden, wobei elektrische Ströme von Lipid-Bilayer erzeugten Nanoporen 140 gemessen werden
- • Die Nanopipetten 321, 322, 323 können verwendet werden, um eine Oberflächenbedeckung und Visualisierung von Fluoreszenz-gelabelten Membranproteinen über der Nanopipettenoberfläche durchzuführen
- • Es können Lipid-Bilayer aus Liposomen und Lipiden über der Nanopipettenoberfläche erzeugt werden
- • Es ist denkbar, dass Zellen über der Nanopipettenoberfläche kultiviert werden und die zellulare Aktivität gemessen wird
- • Mittels der erfindungsgemäßen Nanopipetten 321, 322, 323 können elektrochemische Biosignale (z.B. Immunreaktion, Protein-Protein-Interaktionen, DANN Biomessungen, etc.) gemessen werden
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Ferner wird eine Vorrichtung 300 vorgeschlagen, mit welcher der elektrische Widerstand von in Vesikeln 100 integrierten Nanoporen-bildenden Membranproteinen 140 gemessen werden kann, indem ein Ionenfluss (Stromfluss) zwischen zwei Elektroden 180, 190 bestimmt wird. Bestandteil dieser Vorrichtung 300 kann ein universeller und anpassbarer Chip 310 mit einem Nanopipetten-Array 320 sein, der auf einer beliebigen planaren Lipid-Bilayer-Halterung mit zwei separaten Kompartiments / Reservoirs 330, 340 montiert werden kann, mit Zugang zu individuellen elektrischen Verbindungen. Die Vorrichtung 300 kann in Form eines flexiblen und austauschbaren Chipformats ausgestaltet sein, welches auf Zellkulturen ausgeweitet werden kann, um die Zellaktivität zu messen.
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Die oben beschriebenen Ausführungsbeispiele stellen lediglich eine Veranschaulichung der Prinzipien des hierin beschriebenen innovativen Konzepts dar. Es versteht sich, dass Modifikationen und Variationen der hierin beschriebenen Anordnungen und Einzelheiten anderen Fachleuten einleuchten werden. Deshalb ist beabsichtigt, dass das hierin beschriebene Konzept lediglich durch den Schutzumfang der nachstehenden Patentansprüche und nicht durch die spezifischen Einzelheiten, die anhand der Beschreibung und der Erläuterung der Ausführungsbeispiele hierin präsentiert wurden, beschränkt sei.
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Obwohl manche Aspekte im Zusammenhang mit einer Vorrichtung beschrieben wurden, versteht es sich, dass diese Aspekte auch eine Beschreibung des entsprechenden Verfahrens darstellen, sodass ein Block oder ein Bauelement einer Vorrichtung auch als ein entsprechender Verfahrensschritt oder als ein Merkmal eines Verfahrensschrittes zu verstehen ist. Analog dazu stellen Aspekte, die im Zusammenhang mit einem oder als ein Verfahrensschritt beschrieben wurden, auch eine Beschreibung eines entsprechenden Blocks oder Details oder Merkmals einer entsprechenden Vorrichtung dar.